Erfahrungsbericht von Angela

Andrea ist Alleinerzieherin eines Sohnes mit ADS (16 J), der gerade im Umstieg von Schule auf Lehrstelle ist und viel Betreuung braucht. Andrea hat ihre Stelle als Ordinationshilfe verloren, da die Kassenärztin, wo sie war, nun pensioniert ist. Der Ex-Lebensabschnittspartner kann den Sohn finanziell unterstützen, Angela muss sich aber alleine erhalten. Als Ordi-Hilfe in Teilzeit kam sie über die Runden. Ihr ALG ist nun entsprechend niedrig. Die Problematik, mit der Angela aber nun konfrontiert ist, ist die Verpflichtung zu einem Vollzeitjob. Das Kind ist nicht mehr minderjährig. Dass der Bub ein bisschen verhaltensauffällig ist, zählt für die Akten nicht. Entsprechend neuer Weisung haben die Zumutbarkeitsbestimmungen (Vollzeit (flexibel!) + 2h Wegzeit hin/rück) lückenlos angewandt zu werden. Auf Vollzeitstellen außerhalb der Großstadt muss sich Angela (auf Öffis angewiesen) bewerben. Hinsichtlich der Erziehungspflicht getraut sie sich nicht, Andeutungen im Bewerbungsschreiben zu machen – es besteht Angst, dass ihr daraus ein Strick gedreht werden könnte, was eine subtile ‚Weigerung‘ angehen würde. Denn eine Sanktion hierauf ist für Angela unleistbar. „Die Gesetze gelten für alle gleich“, so ihr Berater zu ihr: Recht auf Teilzeit haben nur Eltern minderjähriger Kinder. Angela schreibt weiterhin innerstädtisch verkehrsgünstige Ordinationen und Gemeinschaftspraxen an, in der Hoffnung auf familienfreundliche Dienstzeiten. Statt ihr nähme man lieber die ganz jungen Damen, die 'in der Praxis was hermachen' (so einer der 'Stellenanbieter' zu ihr). Zuweisungen, die sie in ihrem eAms-Konto findet, erfüllen Andrea jedes mal mit Angstgefühlen. Sie will wieder zurück in jene Art von Arbeit, die sie die letzten 20 Jahre ausgeführt hat. Momentan hat Andrea den Eindruck, sie hätte die Kontrolle über ihr Leben abgegeben. Ihr Sohn sucht selber gerade seine erste Lehrstelle – versucht aber, der Mama Mut zuzusprechen.



| Solana @ 17:13 |