PaulaMagda-Schwestern, Jg. 1962/1969 //102
episode10,
unsere betreuten jahrgänge hängen vom alter der mitglieder ab: dzt jahrgänge ab 1960; unsere jüngste ist magda, 1969 zur welt gekommen. Gemäß antrittsverzögerungsplan tritt sie 34/35 in die pension ein.
Kürzlich in einem bewerbungsgespräch kam das antrittsalter zur sprache; magda hoffte, es für sich zum vorteil auslegen zu können (noch 12 jahre im dienst). Der gesprächspartner scheint es aber viel eher anders herum verstanden zu haben. Mit gewichtig-besorgter stimme und strengem blick über seinen oberen brillenrand sinnierte er: 'sie müssen also bis 2034 in beschäftigung bleiben (!?) - - - wir melden uns'.
PaulaMagdaSourcePixabay
Er wusste: wenn sie kränklich wird, kann er sich nicht raushauen. (sozialwidrigkeit). Damit: durchfütterungsbefehl, bis zum bitteren ende von 65 jahren. Oder er muss (sehr teure!) freistellung anbieten. Oder er kriegt ein (teures) ASG-verfahren. Hätte magda einfach nur 7 J durchdrücken müssen, wie ihre alte schwester – mit 60 ruhestand, hätte man sie noch - halbwegs fit - freundlich direkt in die pension verabschieden können. So aber wäre das einfach ein risiko, das der brillenchef auf sich nähme.
Paula hingegen ist seit vorjahr in pension und liest heute folgendes im kurier: pensionistIn stundenweise für „B“-büro/edv benötigt. Bitte rückrufnummer. (chiffre-angabe). sie will 'dazuverdienen' und kann sich beim „B“ melden. Ihre pension entspricht sowas wie einem BGE(grundeinkommen). Sie ist automatisch versichert. Auch ohne einen arbeitgeber. Sie ist 60 J, topfit. Sie wird herrn/frau B ihre rufnummer schicken. paula kann, sofern stundensatz+verkehrsweg passen, den job vielleicht sogar machen. Früher noch hätte B für sowas einen halbtagsjob ausgeschrieben und einem alten arbeitnehmer (der arbeitslos war), die existenz sichern müssen. Egal, wieviel oder ob überhaupt büroarbeit anfällt.
wir wollen damit ausdrücken, dass es durchaus notwendig ist, dass pensions-dazuverdiener sehr wohl weiterhin sämtliche abgaben ihrer dazu-arbeit abführen sollen. Denn anders lässt sich der enorme wettbewerbsnachteil, den wir alte, mehrfach abgewertete, arbeitslose (viele körperlich nicht mehr fit, mental frustriert, erniedrigt oder deprimiert) nicht kompensieren.
Wir verursachen 70% lohnnebenkosten. nimmt er 2 geringfügige arbeitende pensionisten, hat er zufriedene, freiwillige leute, die nicht ins existenzielle AUS fallen, oder ihn gar gerichtlich verfolgen müssen, weil er mit einer kündigung alter AN sozialwidrig handelt (qvw 74+101)
49B Hartmut, Museumsaufseher
episode9; Hartmut hatte bis Ende 30 eine wechselvolle Karriere von fahrender Verkäufer der geschützten Werkstätten, bis zum Masseur, aber auch Lebensmittel-Einzelhandel-Gehilfe hinter sich. Knapp vor Beginn der 90er fand er dann tatsächlich eine Stelle in einem staatlichen ‚Kultur‘museum, in welcher er naheliegenderweise recht bald eine Form von Kündigungsschutz genoss. (mag es nun beamtetentum/ oder VB gewesen sein…). Dort gefiel es ihm erstmals so richtig gut. Es war statisch, er musste nicht reisen. Es gab wenige besucher, das war stressfrei. Einmal konnte er dort sogar in der A/V abteilung alte super-acht-familyfilme auf digital überspielen. Soviel zeit war da.
Dann kam die neue chefin an, die frau P. Sie hat ihm sofort das leben verdammt schwer gemacht. Kein zweifel, sie wollte den hartmut raushaben. Er ließ sich das nicht bieten und ging dann auch, war grade mal mitte/ende 40. in einer zeit des arbeitskräfte-überflusses konnte er nun nichtmal in einem büro was finden; trotz handelsschul-abschluss. Mit dem alter nahm ihn keiner mehr, und schon garnicht als mann (im büro). Das ams steckte ihn nach den nuller-jahren etwa in einen website-programmier-kurs. Hartmut hatte nicht die gerätschaften, das zu üben. Auch das hirn war dafür einfach nicht frei. Man macht aus einem gemächlichen ‚alten‘ mann keinen spritzigen PC-nerd.
Wir wissen nicht viel über hartmuts verbleib bis zum erreichen der korridorpension. Er hat es einfach nie verkraftet, vorübergehend endlich mal kündigungsgeschützt angekommen zu sein und dann wegen einer hantigen zange (die eh nur 5 J das regiment führte) dermaßen die grundfesten seiner existenz verloren zu haben. Hat er im kulturmuseum zu früh ‚aufgegeben‘?
alle episoden aus dem leben arbeitsuchender findet die geneigte leserschaft unter https://koffiemok.antville.org/topics/rene
49A_Erfahrungsbericht v. Monika; Umschulung.
epi8_Monika - Ende 40, aus St. Pölten - arbeitete als Buchhalterin in einem großen technischen Betrieb, in welchem ein deutscher Raus-schmeiß-Manager (aka HR-Spezialist) angeheuert wurde, um die Personalia umzustrukturieren. Kurzum, dort verlor Monika nach knapp 15 Jahren Zugehörigkeit ihren Job. Das AMS war gerade recht spendabel bei Umschulungen, und da Monikas Schwager hörbehindert ist, kam sie zum Interesse für die Gebärdensprache. Fortan fuhr sie während mehrerer Woche in die nächstgrößere Stadt, in der man selbige lernen konnte. Monika ließ sich umschulen, um in weiterer Folge für Klient_innen mit geistigen/körperlichen Einschränkungen da zu sein.
Sobald die Abschlußprüfung in der Trainerschule abgelegt war, bewarb sich Monika enthusiastisch bei allen in Frage kommenden Anstalten. Da, wo sie ihr nötiges Praktikum abgelegt hatte, schätzte man sie enorm, konnte infolge Institutions-Vorgaben aber nur Leute ab inkl. BA-Abschluss nehmen. Viele dieser Jungen hatten weit weniger Lebenserfahrung und Hands-On Mentalität, als Monika sie mitgebracht hätte. Monika weitete ihre Bewerbungstätigkeiten auf Trainerwesen im Allgemeinen aus. Sie wurde Trainerin in einer Erwachsenen-Fortbildungsstätte: eine, wo man auch (gesunde) AMS-Klienten hinschickt. Eines Tages lief ihr als Klientin die ehemalige Sekretariatskollegin über den Weg. Monika musste nun ihre ältere Ex-Kollegin in den ersten Markt hineincoachen. Da wird ziemlich Druck gemacht, dass gewisse Prozentsätze erfüllt werden. Der Umgang zwischen Monika und ihrer älteren Ex-Kollegin ist bis heute irgendwie betreten und fühlt sich peinlich an.
in ~ 2 wöchigen Abständen bietet koffiemok (IG älterer Arbeitsuchender) Erfahrungsberichte für den Newsletter der ALG-Rauf-Bewegung. Die Berichte basieren auf unseren gesammelten Erfahrungen - seit 2013.
47Erfahrungsbericht von Klemens einem 42j Koch
epi7_Klemens ist ein 42 jähriger Koch aus Wien, der im Zuge einer der lockdowns arbeitslos wurde. Da ‚wien‘ immer noch zu hat und in tirol die gastro aufsperrt, wird er vom ams überregional zu einem bewerbungsgespräch in matrei zugewiesen. Klemens lebt in einer 2-zimmer gemeindewohnung zentrumsnah und hat 14-tägig seine 7-jährige tochter zu besuch; auch zwischendurch holt er sie manchmal von der schule ab und lernt mit ihr. Klemens ist an der wirbelsäule etwas beeinträchtigt, jedoch nicht so krass im ausmaß, dass er dies vermittlungshindernd geltend machen könnte. Die größte angst für ihn ist, kontakt zu seiner tochter zu verlieren und weiters seitens wiener-wohnen ermahnt zu werden, dass er – sollte er länger in osttirol leben müssen – seine gemeindewohnung aufgrund nichtbenutzung verlieren könnte.
Trotz der finanziell äußerst angespannten Situation (stichwort alimentezahlungen, etc) lässt klemens es auf eine 6-wöchige bezugssperre ankommen und hat gegen das ams einfach keine handhabe. Seitens AK erfährt er – alles rechtens. Zumutbar, keine drastische rückgratverletzung, kein argument des verlusts vom kontakt zur einzigen tochter. Es ist nur eine frage der zeit, bis klemens nochmal so eine zuweisung erhält – denn dann muss er reisen. Eine achtwöchige sperre ist für ihn keinesfalls tragbar. Wieder dieses nagende gefühl, die kontrolle über sein leben abgegeben zu haben. Er bedauert es nun, während der intensiv-weiterbildungswelle nach dem ersten lockdown nicht eine technische ausbildung angestrebt zu haben. Denn in die Pflege zu gehen, das könnte Klemens sich keinesfalls vorstellen.
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Erfahrungsbericht von Dieter
Episode 6, dieter; 51 J dieter ist diabeteskrank und hat infolge einer firmenzusammenlegung seine arbeitsstelle als großeinkäufer verloren. Er wohnt seit jahrzehnten in einer günstigen kategorie-C-wohnung im altbau. Dieter hat vor 8 jahren die hausmeisterstelle als freier dienstnehmer übernommen. Tatsächliche hausmeister-dienstverträge gibt es aber nicht mehr. Putzdienst machte er also samstag sonntag neben seiner arbeit. Nun bleibt ihm neben dem arbeitslosengeldbezug einzig diese tätigkeit, die sozusagen an ihm hängen geblieben ist. Die hausverwaltung will nicht eine anonyme externe firma dafür engagieren, die nur 1 x / woche fürs putzen vorbeischaut, ungeachtet des verschmutzungsgrades. Da dieter gern selber entscheidet, wann geputzt wird, betont er, dass er den dienst auch weiter machen wird – sogar ohne geld: wenn man ihm die möglichkeit des zuverdienstes nimmt. Es tut einfach kein anderer, und dieter will nicht delegieren.
Gerade am beispiel von dieter sehen wir: durch eine ganz einfache maßnahme lässt sich die ehrlichkeit in der geringfügigkeit identifizieren. Beide fälle – raphaela wie auch dieter, würden es in kauf nehmen, für die beibehaltung ihres zuverdienstes (und damit kontakt zum dienstgeber) einen teil ihrer ALG und NSH aufzugeben. Nur um einhundert / zweihundert euro ragt der zuverdienst über die ALG/notstandshilfen-versicherung hinaus. Damit wird dieter, sobald er wieder regulär arbeitet, weiter remuneriert den schweren putzdienst machen, ohne dass seine aufgabe einzig wegen seiner arbeitslosigkeit outgesourced wurde.