Monday, 11. October 2004

"Zueinander" - Beispiel2



Hier haben wir ein Beispiel für eine sehr enge Assoziation: Es geht zwischen diesen beiden Bilder mit ziemlicher Sicherheit um das Gehen: Schuh/Beine.

Dazu kommt aber der sehr starke zeitliche Kontrast: Sehr alte Zeichnung, eher moderner Schuh. Gehen ist heute etwas ganz anderes als damals, Schuhe sind heute robuster (und modischer).

Ein weiterer Kontrast besteht in den emotionalen Inhalten: Der Schuh sieht bedrohlich, schwer, fast nach Arbeitsstiefel aus. Die Beine sind tänzelnd, leicht, fast ballettartig.

Vielleicht sogar der "sozialpopulistische Kontrast" Arbeit/Kunst?

Durch das "Aufeinanderzugerichtete" der beiden Bilder erhebt sich auch der Eindruck einer offenen Konfrontation und eines baldigen Zusammenstosses.

Interessant ist an diesem Beispiel, und bemerkenswert, dass zwei Bilder auf unterschiedlichen Ebenen unterschiedliche Beziehungen unterhalten können. Dies ist fast immer so. Sehr selten harmonieren zwei Bilder auf allen Ebenen.



| david ramirer um 10:36 | |
Sunday, 10. October 2004

Übung Nr. 3: "Zueinander"

wenn die übung nr.2 karg war und sich nach ein paar theoretisch-praktischen experimenten erschöpfte, so ist die übung nr.3, wenngleich das setting ganz ähnlich ist, das pralle leben, die schiere lust und erschöpft sich niemals, ja öffnet uns endlich das tor zu dem was collagen "eigentlich" sind und worum es beim collagieren im grunde geht.

das minimum an collage bedeutet die kombination von zwei bildern die eigentlich, als die urheber der bilder sie schufen, nicht füreinander bestimmt waren. mindestens zwei bilder gehen also miteinander eine beziehung ein und wirken dadurch aufeinander ein.

in der übung nr.3 wollen wir uns mit nichts anderem als damit beschäftigen, wie 2 (in worten: ZWEI) bilder aufeinander einwirken. die auswahl der bilder kann nach jedem beliebigem prinzip geschehen: zufällig, bewusst, gesteuert, mir ganz egal: wichtig ist mir nur, dass die beobachtungen, die beim zusammentreffen der bilder gemacht werden, dokumentiert werden.

zur theorie der "chemie zwischen bildern" schon vorab: klarerweise gibt es eine große menge von bildern, die zueinander eine enge beziehung haben. in der übung nr. 1 haben wir dafür schon ein beispiel gesehen. es gibt auch bilderpaare, bei welchen die beziehung nur mühsam zu finden ist, bzw.: und jetzt kommts: es gibt keine zwei bilder die zueinander in keinem verhältnis (non sequitur) stehen. der begriff "keine beziehung zueinander" ist zwar theoretisch postulierbar, aber praktisch nicht umsetzbar. der betrachter wird immer eine beziehung herstellen, so bizarr und unerwartet sie auch immer ist. der grund dafür liegt in den ursprünglichen funktionalitäten unserer sinnesorgane, die nicht dafür ausgerichtet sind, teile einer sache als sinnlos und ungeklärt stehenzulassen. in diesem bereich der menschlichen instinkte liegen die größten potentiale der kunst, und nicht nur der bildenden.

die übung besteht also darin, zwei bilder zu kombinieren und die beobachtungen, die aus der kombination entstehen festzuhalten. viel spaß!

beispiel: in diesem beispiel wird das bild eines traktors mit dem bild einer jungen frau kombiniert. mögliche beziehungscodes: tragisch/bedrohung/assoziativ (der traktor als eher brachiale maschine gegen die junge frau gerichtet, vielleicht ist ein unfall passiert?) ländlich (die junge frau als eher vom lande kommende dorfbewohnerin) sozial kontrastierend (traktor: ländlich, tiefe gesellschaftsschicht, junge frau wirkt dagegen eher bürgerlich) kontrast (maschine/mensch) usw. usw.



| david ramirer um 19:26 | |
Wednesday, 6. October 2004

Übung 2, "nebeneinander", Abschließende Anmerkungen

Zunächst vielen dank an cheridwen und wölfin für die tollen Übungsbeiträge. Naturgemäß seid ihr beide großteils meilenweit über mein "Ziel" der experimentellen Aufrollung von Informationsverlustvariationen hinweggebraust, aber das ist natürlich kein Nachteil. Wie ihr gesehen habt, ist Information in Bildern oft zwar massenhaft vorhanden, das muss aber nicht immer in einer Collage ein Vorteil sein. Durch Definition dessen, was an Information fehlen soll, tragen wir entscheidend zum eigentlich Sinn der endgültigen Collage bei.

--> Es gibt Fälle, wo der Informationsverlust gar nicht vorhanden ist bzw. keine Rolle spielt (Beispiele dafür kamen von cheridwen: Wenn das Bild a weit größer ist als bild b. Möglich ist auch, dass die Information in bild a sequentiell ist, also ein Muster, wo beliebige Ausschnitte schon die gesamte Information beinhalten (ja, genau wie bei einem Fraktal) und Bild b davon nichts abziehen kann. Im extremsten Fall berühren sich bild a und bild b in einem oder gar keinem Punkt: informationsverlust absolut 0,000. Möglich ist auch, dass Bild a und bild b ident sind. Dann ergibt sich eine "Informationswiederholung" trotz theoretischem Informationsverlust).

--> Der Informationsverlust kann - diametral dazu, auch 100% betragen: wenn bild a bild b völlig abdeckt.

--> In allen anderen Fällenist wichtig, dass genau entschieden wird, wie der Informationsverlust des teilweise beschnittenen Bildes die Wirkung der Collage steigern kann. In wölfins beispiel mit dem panzer ist das gut zu sehen: das teilweise fehlen von elementen des autos, welches vom panzerbild bedeckt wird, hebt den rätselcharakter sehr an und macht das bild dadurch interessanter, weil der betrachter mitmachen und mitdenken muss. alles, was der betrachter in einem bild (aus instinktiven gründen) tut bzw. tun muss, hebt die wirkung (und die dauer, die der betrachter das bild betrachtet, und damit (meist) die qualität). möglich ist: ...dass die information im zweiten bild weitergeht (wölfins beispiel 2 von heute) und der informationsverlust damit kompensiert wird ...dass die information ohnehin störend war

weiterführende info: der österreichische maler arnulf rainer hat in seinen frühen (foto-)übermalungen das thema der informations-/ausdruckssteigerung durch wegnahme von überflüssiger information eindrucksvoll demonstriert, z.b. in seiner "totenmaskenserie". meist ist ein foto in punkto ausdrucksintensität weit hinter auch der einfachsten strichzeichnung. eine teilweise gestische abdeckung von den ausdruck abschwächenden bereichen kann den emotionalen output der verbleibenden bildbereiche enorm heben. gleiches gilt natürlich auch für collagen: "ganze" bilder nehmen uns in der collage raum weg: für eigenes.

der themenbereich "informationsverlust" ist nicht wirklich weit ausbaubar. es ist eine theoretische grundlage, mehr nicht. in der einen oder anderen form wird sie uns immer wieder begegnen, es war wichtig, sie einmal als "solothema" anzusehen, ich danke für die aufmerksamkeit.

übung nr. 3 kommt bald, und ist weitaus vielfältiger, wenngleich ebenso simpel im grundthema. für heute entschuldige ich mich wegen kopfschmerzen. schönen abend noch.



| david ramirer um 19:32 | |

homework 2 (3) by cheridwen

Folgende Spielerei und meine zugehörigen Überlegungen gehen vermutlich schon einen Schritt zu weit und über die Aufgabe 2 hinaus, weil's eigentlich schon ins Inhaltliche geht. Aber jetzt hab' ich so lang damit herumgewurstelt, dass ich's trotzdem posten möchte:


Mir ist bewusst geworden, dass, je nachdem wo und in welchem Ausmaß man Informationen wegnimmt, plötzlich ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen zwei Bildern entsteht. So scheint in Bild 1 die Ente auf der Dose zu stehen, in Bild 2 sich (neugierig) der Dose zuzuwenden, in Bild 3 geht sie (desinteressiert) von der Dose weg, in Bild 4 scheint sie in der Dose zu stecken und in Bild 5 versteckt sie sich hinter der Dose.

Wenn man die Bilder anders überlappen ließe - d.h. etwas mehr oder weniger oder an einer anderen Stelle Information wegnehmen oder übriglassen würde, ergäbe sich inhaltlich "sinnlose" Bilder.

Dies sei an Bild 1 demonstriert:


Wenn man das Entenbild nur ein Stückchen hinunter verschiebt, d.h. in diesem Fall vom Dosenbild mehr Information wegnimmt, dann ist der Eindruck, die Ente stünde auf der Dose kaum bis nicht mehr vorhanden...



| cheridwen um 12:54 | |

homework 2 (2) by cheridwen

Gut, gut, der Meister meinte, dass wir zu kompliziert denken und dass wir nicht vergessen sollten, dass es bei dieser Übung um Information und Informationsverlust geht... Deshalb heute mal eine etwas trivialere Überlegung:


Kleines Bild auf größerem - eigentlich egal, wohin platziert - gibt praktisch keinen relevanten Informationsverlust, spart aber Platz. Umgekehrt wäre es ziemlich sinnlos, ein größeres Bild komplett über ein kleineres zu legen, da man letzteres ja dann nicht sieht (= kompletter Informationsverlust).



| cheridwen um 12:44 | |


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